Aligner: Billig birgt Risiken
18. März 2022Aligner können eine gute Sache sein: Mit den unsichtbaren Zahnschienen lassen sich bestimmte Fehlstellungen bequem und nahezu unsichtbar richten. Wer Kosten sparen will und die Schienen bei Online-Anbietern zu Tiefstpreisen kauft, geht dabei aber Risiken ein - wie Erfahrungsberichte unzufriedener Kunden belegen. Darauf reagiert nun auch die Politik.
Aligner helfen - aber nicht bei jedem
Transparente Schienen sind eine gute Alternative zu festen Zahnspangen, wenn es darum geht, bestimmte Zahn- und Kieferfehlstellungen zu korrigieren. Damit das funktioniert, müssen aber die Voraussetzungen stimmen. Denn längst nicht jede Zahnfehlstellung ist für eine alleinige Aligner-Behandlung geeignet. Ein Kieferorthopäde ist der Experte, der das am besten beurteilen kann.
Kaum sichtbare Schienen nutzen, wenn sie richtig eingesetzt werden
Und auch die Behandlung selber ist - wie jede ärztliche Maßnahme - nicht ohne Risiken. Denn auch wenn eine Korrektur aus Sicht des Patienten kosmetisch motiviert ist: Sobald Zahnstellungen verändert werden, ist das ein Eingriff ins Zahn-Mund-Kiefersystem und stellt somit eine zahnärztliche Behandlung dar. Der Zahnhalteapparat kann Schaden nehmen - z.B. wenn eine bislang unerkannte Parodontits vorliegt, die im Volksmund „Parodontose“ genannt wird. Schlimmstenfalls droht der Verlust von Zähnen. Vor den Gefahren, die die Do-it-yourself-Aligner-Behandlungen mit sich bringen, warnen Kieferorthopäden deshalb seit Jahren.
Je nach Geschäftsmodell fertigt der Patient den Gebissabdruck zu Hause selbst an und führt die Therapie mit den Schienen quasi in Eigenregie durch. Andere Anbieter arbeiten mit Partnerpraxen zusammen, die entweder einen 3D-Scan oder einen Abdruck anfertigen. Teils werden wenige, teils gar keine Kontrolluntersuchungen in der Praxis angeboten. Von einer Betreuung durch den versierten Facharzt für Kieferorthopädie sind beide Varianten weit entfernt.
Rein ästhetische Korrektur mit Folgen für die Zähne
Was passieren kann, wenn eine Aligner-Behandlung nicht in der Hand eines Kieferorthopäden liegt, sondern in der eines kommerziellen Online-Anbieters, offenbart sich beim Blick in Facebook-Foren enttäuschter Patienten. Hier mehren sich Berichte von schlechten Behandlungsergebnissen und Komplikationen. Das Schicksal einer Patientin, der im Laufe der Behandlung zwei Zähne gebrochen sind, wofür sich der Online-Anbieter anschließend nicht zuständig fühlte, hat die ZDF-Sendung WISO dokumentiert.
Und auch die Politik ist inzwischen auf das Thema aufmerksam geworden: Die FDP-Bundestagsfraktion möchte gewerbliche Aligner-Behandlungen ohne umfassende Begleitung durch einen Kieferorthopäden oder Zahnarzt untersagen und hat einen entsprechenden Antrag im Bundestag gestellt. "Eine Aligner-Behandlung ohne kieferorthopädische oder zahnärztliche Begleitung kann schwere Schäden im Gebiss verursachen, die Schmerzen und auch hohe Kosten verursachen können", heißt es darin. Am 31. März 2021 soll die Bundesregierung dem Bundestag über die zu diesem Problem getroffenen Maßnahmen berichten, so die Antragsteller.
Kompetenz statt Preisdumping
Was Patienten jetzt schon daraus lernen können: Lieber nicht vom Preis blenden lassen, wenn es um die Gesundheit der eigenen Zähne geht. Erster Ansprechpartner für eine Aligner-Behandlung ist der kompetente Kieferorthopäde. Dann klappt's nicht nur mit dem hübschen Lächeln, sondern auch mit dem gesunden Biss. Und zwar auf Dauer.
Quellen:
- Aligner - die durchsichtigen Zahnschienen, ZDF WISO (15.02.2021)
- Antrag zu Patientensicherheit bei Aligner-Behandlungen, Freie Demokraten